Wer schön sein will…


Ich habe Angst vor Parfümeriefachverkäuferinnen.

Heute, durch Karstadt schlürend, denn schließlich muß ich nicht mehr am Schreibtisch sitzen und beschloß daher, wild Zeit zu verschwenden und durch Düsseldorfs Innenstadt zu laufen (an dieser Stelle verkneife ich mir Gegrummel über Düsseldorf und seine scheinbare Schnepfendichte) – von der Rolltreppe kommend, blieb mein Blick an einem überlebensgroßen Bild einer jungen Dame hängen, vor der überlebensgroße Parfümflakons standen. Das!, so weiß ich nun, war mein Fehler: umgehend suchte mich eine breit lächelnde Karstadt-Mitarbeiterin heim, deren Abteilung auch fern der Parfümerie allein an den kunstvollen, vierfarbigen Lidschattenschichten leicht zu erraten gewesen wäre.

Sie: “Oh, guten Taaaaag! Ich sehe, Sie kommen hier so ganz zielstrebig auf Miss Dior – Chérie zu!”
(-war auch zwischen Rolltreppe und Ausgang. Naja-)
Ich: “Öh. Hm.”
Sie: “Das sollten Sie gleich mal riechen–”
(-hab ja schließlich quasi Urlaub. Och ja. Warum nicht-)
Ich: “Na gut, in Ordnung.”

Ich erkenne, daß sie vermutlich den ganzen Tag auf Kunden lauerte, die Miss Dior flüchtig Aufmerksamkeit schenkten, denn statt des üblichen Pappstreifens zückt sie ein vornehmes Satinband mit eingewebtem Chérie-Logo, das sie umgehend und noch immer breit lächelnd mit befremdlich viel Parfum einnebelt. Bevor ich reagieren kann, bindet sie es mir, die Durchblutung gefährdend, fest ums rechte Handgelenk.
Ich fühle mich wie ein entsprungener Cluburlauber mit meinem Armbändchen. Sie hält meine Hand fest und ich beobachte interessiert, daß sie ihr Lächeln noch eine Spur verbreitern kann.

Sie: “Also, bevor Sie daran jetzt riechen, müssen Sie mir gaaanz fest versprechen, daß Sie mir gleich sagen, woran Sie bei diesem Duft als erstes denken. Alsooo. Wonach riecht das? Na? Naaaaa?”
Ich schnuppere.
Ich: “Honigmelone.”
Sie: “Woooow! Das war schon totaal gut! Die letzte Kundin sagte “Erdbeersorbet”! Das war auch GANZ NAHE DRAN!”
Eine Kollegin eilt herbei. Gemeinsam freuen sie sich noch ein bißchen über meine Antwort. Dann erklären sie mir
Sie1&2: “Die richtige Antwort wäre gewesen: SOMMER.”
Beide strahlen mich lobheischend an.
Ich strahle zurück: “Wie toll! Honigmelonen gibts ja auch immer im Sommer!”
Beide: “… *strahl*”
(-Oh, der Gedankensprung war wohl etwas zu weit.-)
(-Oder wollen die jetzt, daß ich umgehend so ein Riesenflakon erstehe?!-)

Ich: “Also… ich gehe dann mal weiter, ja? So ein Geruch muß sich ja auch erst… entfalten, nicht?”
Beide “…*strahl*”
Ich: “Also, dankeschön! Auf Wiedersehen!”
(Flucht)

Das Argument mit der Geruchsentfaltung erwies sich schon als nützlich, als ich nach Weihnachten wiederholt Douglas-Filialen aufsuchte, um zu entscheiden, was ich mit einem geschenkten Gutschein dort am besten erwerben könnte. Die vielen stark geschminkten Damen dort in ihren kleidsamen, apricotfarbenen Kittelchen waren stets sehr beflissen, potentielle Kundinnen wild einzunebeln und zu ‘beraten’ – doch ich hege gewisse Zweifel daran, ob man nach einem Arbeitsleben in einer so penetrant parfümierten Umgebung überhaupt noch einen verläßlichen Geruchssinn besitzen kann.

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